Christof Stein: „Es zählt ausschließlich die Fantasie“

WAM: Warst du immer so wie jetzt mit der Schule verbunden?

Christof Stein: Nein, eine Zeit lang überhaupt nicht. Aber das hatte viele Gründe. Wenn man sich jetzt anschaut, wie viele von der Schule abgegangen sind, dann sind das sicher einige Hunderte. Und es werden sicher einige sein die dann im Off waren – aber so wie ich, wie mein Sohn Emil dann in die Schule gekommen ist, wieder da waren und sich engagiert haben.

WAM: Gibt es ein Netzwerk?

Christof Stein: Ich glaube die Ehemaligen sind gut vernetzt. Vor allem, dass die Leute aus der eigenen Klasse natürlich gut vernetzt sind.  Wir haben zwar ein zehnjähriges Klassentreffen gemacht, aber das fünfzehnjährige und das zwanzigjährige ausgelassen. Irgendwie kam die Idee auf, wieder eines zu machen und die Nicoletta Monaco und ich haben das Projekt übernommen und alle Ehemaligen aufgetrieben. Jeder hat sich auch gefreut, dass es wieder ein Klassentreffen gab und es war wirklich grenzgenial. Es ist wieder eine eigene Dynamik entstanden und bei einer Geschäftseröffnung haut man eine Einladung raus und es kommt zumindest  die Hälfte der Klasse, unfassbar! Oder wenn jemand einen runden Geburtstag hat, kommen wieder einige. Wenn man sich trifft,  ergeben sich gleich Synergien, man ist gleich total Stolz und wieder beim Thema. Im Sinne von unserer Kreativität, unseren Unternehmergeist, Spirit oder was auch immer wir daraus schöpfen. Letztendlich ist es bei jedem sehr präsent, dass es die Grundlage für das ist, was man eigentlich tut.

WAM: Wie hat dich die Schule für deinen Lebensweg geprägt?

Christof Stein: Ohne die Schule würde ich nicht das machen was ich mache, muss man echt sagen. Man hat mir von Anfang an die Möglichkeit gegeben, meine Qualitäten auszuschöpfen und zu entwickeln. Und die Qualität die ich nicht hatte, für die hat man mich auch nicht abgestraft. Ein kleines Beispiel: Ich habe russisch einfach völlig ignoriert und habe währenddessen immer die Fußballmannschaftsaufstellungen studiert. Und ich habe es auch ignorieren können, weil ich deswegen nicht durchgeflogen bin. Damit kritisiere ich überhaupt nicht, dass es Russisch gibt, aber ich habe auf der einen Seite eine wahnsinnige Musikalität, aber überhaupt keinen Zugang zu Sprachen.

WAM: Was kommt dir in den Sinn, wenn du auf deine Schulzeit zurückblickst?

Christof Stein: Ich war nie ein guter Schüler und mit dem Lernen war ich sehr langsam. Wenn ich woanders gewesen wäre, wäre es mir wahrscheinlich nicht so leichtgefallen. Jeder Waldorfschüler hat seine Qualität, die er dann völlig anders einsetzt. Meine Qualität ist das Organisatorische, ich habe schon in der Schule sämtliche Organisationen übernommen und ich war schon der brillante Geschäftsmann. Man hat mich mit zehn Jahren schon als Verkäufer für Wachskreiden am Weihnachtsbasar eingesetzt und von einem mal auf andere sind Ihnen die Waschkreiden auf halber Strecke ausgegangen und sie haben verzweifelt überlegt, wo bekommen wir noch welche für den nächsten Tag her, weil alle weg waren. Ich habe sie wie ein Händler am Fischmarkt in Hamburg angepriesen, als wären sie das geilste Produkt überhaupt. Da hab ich dann meine Führungsqualitäten irrsinnig gut entwickeln können.

WAM: Wie kannst du deine gelernten Qualitäten heute einsetzen?

Christof Stein: Meine Stärke ist, dass ich Leute ganz gut begeistern kann. Ich habe fünf Jahre beim AMS unterrichtet und habe Klassen mit ausschließlich Langzeitarbeitslosen gehabt, die zwangsverpflichtet waren und nicht aus Interesse gekommen sind, sondern damit sie ihre Notstandshilfe bekommen. Dann war es so, dass ich die Gruppe nach ein oder zwei Stunden so bei den Eiern hatte, dass wir unabsichtlich über eine Stunde länger gemacht haben, ohne dass es einer gemerkt hätte. Es war einfach so spannend für alle und am Schluss haben einige richtig mitgearbeitet.

WAM: Was wäre für dich ein Ziel für den Ehemaligenverein WAM?

Christof Stein: Ich denke mir, da gibt es so viele Ehemalige, die Dinge auch weitergeben können aus den eigenen Erfahrungswerten und was sie gelernt haben, aus dem Leben heraus, dass sie die jetzigen Schüler zu vielleicht noch fertigeren Menschen werden lassen können.

WAM: Was hat dir am meisten an der Schule gefallen?

Christof Stein: Gefangen war ich ab der Oberstufe. Es hat dann überhaupt nichts mehr gegeben, was mir nicht gefallen hätte, da war Russisch aber schon weg. Mir sind immer die Pausen viel zu lang gewesen und ich wollte lieber schon weiter machen. Und da bist du am richtigen Weg, wenn es so geil ist, dass man das Gefühl hat, dass die Pause zu lang ist. In Wirklichkeit kommt es im Leben gar nicht so darauf an, was man auswendig gelernt hat oder wo man überall mit einem Einser abgeschlossen hat. Es zählt ausschließlich die Fantasie! Wenn du eine gute Fantasie hast, kriegst du immer einen Job.

WAM: Wie viele Fernseher hast du?

Christof Stein: Ich habe mehrere Fernseher. Da gibt’s eine gute Geschichte. Ich war der erste in der Klasse der sich selber einen Fernseher gekauft hat, da war ich vierzehn. Einen Farbfernseher, den hab ich mir selber verdient, der hat ein Schweinegeld gekostet, 14.000 Schilling, also wirklich, wirklich viel Geld. Aber ich wollte ihn haben, denn es war wirklich lustig, gemeinsam Fußball zu schauen. Es war damals Weltmeisterschaft und ich wollte zeige, dass ich das schauen kann und will. Meine Geschwister durften hin und wieder auch schauen, mussten aber Gegenleistungen erbringen. Das Konzept ist echt gut aufgegangen. Ich bin jemand der sehr gerne Nachrichten schaut und ich habe bei mir Zuhause vier Fernseher stehen. Klingt blöd und es ist auch nicht so, dass alle gleichzeitig laufen, aber ich finde es total schön BBC oder NTV neben dem Arbeiten zu schauen. Aber sonst bin ich kein großer Fernsehkonsument.

Christof Stein, Klasse Jahrgang 1971
Klassenlehrerin: Hiltraut Theberath
Tutor: Hannes Reisser